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Der Luchs im Landkreis Kassel (Teil 2)

 

Luchsbeauftragte im Landkreis Kassel
Landkreis Kassel

Haben Sie einen Luchs gesehen, eine „verdächtige“ Fährte entdeckt, ein gerissenes Wild- oder Nutztier gefunden? – Dann informieren Sie bitte eine(n) Luchsbeauftragte(n):

  • Petra Walter: 05541 – 95 33 05, Mobil: 0175 – 222 06 30
  • Reinhard Vollmer: 05675 – 5760

Mehr Informationen auf der Seite Luchshinweise melden.

Ein Luchs verteidigt seinen Riss

Ende Februar 2011 findet ein Jagdaufseher in einem Waldgebiet bei Lohfelden eine verdächtige Schleifspur. Es ist Sonntagnachmittag, so gegen Eins. Sein Jagdhund nimmt die Fährte auf und stößt wenig später auf Rehhaare am Waldboden. In unmittelbarer Nähe treffen dann Jäger und Hund auf einen Riss. Das Reh ist noch warm. Offenbar wurde es erst vor kurzer Zeit gerissen. Da entdeckt der Jagdaufseher den Luchs. Vermutlich hatte er sich bei Ankunft von Herr und Hund zurückgezogen, sitzt ganze 40 Meter entfernt und schaut zu den beiden herüber. Das weitere Geschehen haben wir damals als „Fotoroman“ dokumentiert:

Luchs-Aufnahme im Rahmen des Flächenmonitoring in Nordhessen (zum Vergrößern klicken / Fotos: © M. M. Bonzel)

In der Abenddämmerung des nächsten Tages gehen Jäger und Hund noch einmal zum Riss. Jetzt sitzt der Luchs bei seiner Beute und macht keinerlei Anstalten sie aufzugeben. Bei Futterdieben, sagt sich die große Katze, bin ich aber sowas von stur. Der Jäger traut seinen Augen nicht, kramt seine Kamera aus dem Rucksack und dokumentiert die Szenerie. Der Luchs richtet sich auf und faucht.
Herr und Hund ziehen sich daraufhin zurück, kommen aber nach einer Stunde wieder. Der Jagdaufseher lenkt sein Fahrzeug auf einem Waldweg in die Nähe des Risses und richtet die Scheinwerfer in den Wald. Unbeeindruckt verharrt der Luchs bei seiner Beute. Distanz zum Auto: 20 Meter. Aus dem Fahrzeug können weitere Fotos geschossen werden. Sie belegen auch, dass der Luchs die ständigen Störungen nun satt hat. Er verlässt seinen Riss und nähert sich den grellen Scheinwerfern. Der Jäger tut das einzig Sinnvolle: er tritt den Rückzug an und fährt nach Hause.
All das hat offenbar dem Luchs den Appetit nicht verderben können. In den folgenden Tagen wurde der Riss fast vollständig genutzt.

Luchs-Aufnahme im Rahmen des Flächenmonitoring in Nordhessen (zum Vergrößern klicken / Fotos: © M. M. Bonzel)

Nicht schön, aber selten

Im Mai 2011 wurde bei Fuldabrück an einem Steilhang im Wald ein Luchsschädel gefunden, der bereits völlig skelettiert war. Der erste Nachweis dieser Art in Hessen. Er liegt derzeit beim Forschungsinstitut Senckenberg in Gelnhausen und wartet auf seine Untersuchung. Aus der DNA-Analyse könnte sich das Geschlecht des Tieres ergeben. Durch Vergleichsmaterial aus dem Nationalpark Harz gibt es zusätzlich die (nicht sehr große) Chance, die Herkunft des Luchses nachzuweisen. Das wäre nur dann erfolgreich, wenn das Tier im Harz ausgewildert worden wäre. Nur dann gäbe es dort eine entsprechende DNA-Probe.

Der erste Totfund in Hessen

Anfang Oktober 2011 wurde bei Söhrewald ein verendeter Luchs gefunden. Der Größe nach handelte es sich um ein ausgewachsenes Tier. Die wenig entwickelten Hoden legten jedoch nahe, dass es ein junger Luchskuder in seinem zweiten Lebensjahr war. Das Tier lag vermutlich schon eine Woche im Wald. Als Todesursache ermittelte die Universität Gießen akutes Herz-Kreislaufversagen als Folge einer massiven Abmagerung, einer sogenannten Kachexie. Der Luchs wog nur noch 15 kg. Seinem Alter entsprechend, wären um die 20 kg zu erwarten gewesen.

Die Einwirkung äußerer Gewalt, etwa durch einen Verkehrsunfall oder eine Schussverletzung, wurde ausgeschlossen. Es gab auch keinen Hinweis auf Cumarin (Rattengift), mit dem „Hundehasser“ gewöhnlich Fleischbrocken und Wurststücke präparieren. Die Ursache für die Auszehrung des Tieres konnte allerdings nicht geklärt werden. An den inneren Organen wurden keine Erkrankungen gefunden, die erklären könnten, warum der Magen-Darm-Trakt nahezu „futterleer“ war. Der Luchs war offenbar in seinen letzten Lebenstagen nicht mehr im Stande zu jagen. Kachexie tritt bei Wildtieren häufig dann auf, wenn der Darm stark von Parasiten befallen ist. Bei dem toten Luchs war dies nicht der Fall.

Aus der Fachliteratur wissen wir, dass für junge Luchse das erste Jahr nach der Trennung von der Mutter eine riskante Lebensphase ist. Dann sind die Tiere auf Suche nach einem eigenen Revier und legen große Strecken auf unbekanntem Terrain zurück. Offenbar sind sie dann auch anfällig für eine Vielzahl von Krankheiten. Nur ein Viertel der Jungluchse übersteht diese Zeit.

Luchsin mit reichlich Nachwuchs

Luchsgruppe im Kaufunger Wald (Foto: Carl Hellmold)
Luchsgruppe im Kaufunger Wald (zum Vergrößern klicken)

Im Dezember 2011 gelang im Kaufunger Wald bei Helsa die Aufnahme einer Luchsfamilie. Beobachtet wurde eine Luchsin mit vier Jungtieren. Allerdings war es nicht möglich, die vollzählige Gruppe auf ein Foto zu bekommen. Hier haben sich drei der vier Jungtiere um ihre Mutter (links im Bild) gruppiert. Ein Jäger war durch seinen Hund auf den Familienverband aufmerksam geworden. Er bestieg einen Hochsitz und bat den zuständigen Revierförster telefonisch, mit einem Fotoapparat vorbei zu kommen. Beide Beobachter hatten dann eine gute Stunde Zeit, um die Tiere abzulichten.

Im Januar 2012 konnte dann auch bei Söhrewald und im nahen Schwalm-Eder-Kreis bei Melsungen eine Luchsfamilie dokumentiert werden. Die Fotos belegen jeweils drei Luchse, vermutlich zwei Jungtiere bei ihrer Mutter. An beiden Plätzen wurden weitere zwei Jungluchse beobachtet. Sie blieben aber kamerascheu.

Luchsgruppe bei Söhrewald (Foto: Uwe Holl) Jungluchs bei Söhrewald (Foto: Uwe Holl) Luchsin bei Söhrewald (Foto: Uwe Holl) Luchsgruppe bei Melsungen (Foto: Ulrich Wettig)
1–3: Luchsgruppe, Jungluchs und Luchsin bei Söhrewald; 4: Luchsgruppe bei Melsungen (zum Vergrößern klicken)

Die Aufnahmeorte liegen zwar in zwei Landkreisen, sind nicht mehr als 15 km Luftlinie voneinander entfernt. Es ist also naheliegend, dass es sich jeweils um dieselbe Luchsfamilie gehandelt hat. Zu belegen ist das allerdings nicht.

Harzluchs auf der A 44 überfahren

Mitte Oktober 2012 wurde auf der A 44 bei Zierenberg ein vorjähriger Jungluchs überfahren. Der Kuder hatte im linken Ohr eine orangefarbene Erkennungsmarke und trug einen Mikrochip unter dem Fell. So konnte das Tier vom Luchsprojekt Nationalpark Harz eindeutig identifiziert werden. Der Luchs entstammt einem Geheck von vier Jungtieren und wurde am 21.12.2011 bei Clausthal-Zellerfeld (Niedersachsen) markiert. Ursprünglich sollte seine Mutter eingefangen und besendert werden. Stattdessen ging der Jungluchs in die Kastenfalle. Für ein Telemetrie-Halsband war er aber damals noch zu klein. So wurde er lediglich „gechippt“ und mit einer Ohrmarke versehen.

Laut Obduktionsbericht von Dr. Franz Müller (Gersfeld) im Auftrag des Hessischen Landeslabors war das Tier gesund und in guter Kondition. Da unfallbedingt Teile des hinteren Körpers fehlten, zeigte die Waage nur 18.540 Gramm. Das Gesamtgewicht des Kuders wird auf gute 20 kg geschätzt.

Nach der Einwanderung des besenderten Harzluchses M2 im November 2009 ist der Jungluchs ein weiterer handfester Beleg für die Verbindung zwischen den Luchspopulationen in Nordhessen und im Harz.

Er ist leider auch der erste Luchs, der in Hessen dem Straßenverkehr zum Opfer fiel.

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